Verantwortlich: Annik Bächinger
Bereitgestellt: 23.09.2022

Licht findet seinen Weg

Stimmung (Foto: Bruno Wyss)
Es gibt kaum ein oszillierenderes Wesen als der Mensch («schwingend» zwischen hell und dunkel, zwischen lebensfördernd und lebenszerstörend).
Wenn wir in der Bibel lesen, so begegnen wir dieser Gegensätzlichkeit des Menschen zwischen Licht und Schatten, z. B. auch in folgenden Texten:
1.Mose 6, 5 lesen wir sinngemäss: Das Trachten des Menschenherzens ist von Jugend an böse. Dies schrieb der sogenannte «Jahwist», der Autor dieser Texte, weil er die Erfahrung gemacht hatte, wie Machterhebung von Völkern über andere oder von Stämmen über andere zu Tod und Elend führte. Also dass sich Menschen sozusagen am Lebensrevier anderer vergriffen, war damals aktuell und erleben wir heute z. B. im Ukrainekrieg. Oder im Nahostkonflikt.
Nun, könnten wir sagen: Es hat sich ja gar nichts Grundsätzliches geändert: Damals Gewalt und Krieg, heute auch wieder; was sollen wir hier noch weiterdiskutieren?

Und doch: Das Licht findet seinen Weg. Was stützt diese Behauptung?
Spannend ist, dass, wenn wir hier von Gott reden, wir es nicht mit einem unbewegten und unbeweglichen, der Schöpfung völlig entzogenen Gott zu tun haben. Sie kennen die bildhafte Erzählung von der Sintflut 1. Mose 7-9. Eine fürchterliche Szenerie, von der es heisst, sie sei von Gott geschickt worden, weil er das «böse Menschengeschlecht» satt habe. Sie wissen: Ausser der Sippe von Noah und den paarweisen eingeschifften Tieren auf der Arche kamen alle sonstige Wesen auf der Welt um.
Dann geschieht Erstaunliches: Gott wird von Reue und neuem Erbarmen erfüllt. Also, dieser Gott hat auch Emotionen; er ist nicht der Ewig-Unbewegte. Die Erzählung geht so weiter in 1. Mose 8, 21-22: Das Trachten des Menschen ist immer noch böse, dennoch: «…ich will hinfort nicht mehr schlagen, was da lebt und wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.»
Dann in 1. Mose 9, 12ff. schliesst Gott von neuem den Bund mit der Erde und allen Geschöpfen, den er nicht wieder zerbrechen will, der auf ewig aufgerichtet ist. Der neue Bund wird mit dem wunderbaren Bild des farbigen Regenbogens in den Wolken «hingemalt». Der Blick geht zu den hoffnungsvollen Farben des Regenbogens, des Bogens als Zeichen der Kraft Gottes im Himmel und auf Erden und damit bei und in uns.

Jesus von Nazareth nimmt sozusagen diese Farben, dieses Licht auf und gibt davon in der Bergpredigt den ZuhörerInnen weiter: Matthäus 5, 14: «Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf dem Berge liegt, kann nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet es allen, die im Haus sind.».
Ja, ist auf einmal alles nur hell ?
Nein, Jesus wusste zu gut um das «Oszillieren» des Menschen zwischen Licht und Dunkel.
Aber er merkte auch, dass in den meisten Menschen die Sehnsucht nach friedlichem Zusammenleben herrscht, dass es den meisten ein Anliegen ist, dass es Mitmenschen gut gehe. Sehnsucht nach Gerechtigkeit, dass alle genug zu essen und zu trinken haben. Wir Menschen mögen einander motivieren dafür, den Blick dahin zu richten, wo Hoffnung ist. Und wir sollen unser Licht nicht verstecken – etwa in der Meinung, es sei zu wenig.

Wo gibt es heute Hoffnung bzw. Licht?
Es gibt viele helfende Hände zu Gunsten notleidender UkrainerInnen. Viele wurden hier aufgenommen. Hilfsgüter werden gesammelt und vertrieben.
Familien brechen auf, die Schönheit der Natur wiederzuentdecken, sie als Geschenk unseres Schöpfers zu betrachten. Oder es wird geteilt mit Anderen. Das nährt den Boden in vielen Menschenherzen, für Arme und damit für mehr Gerechtigkeit und Frieden einzustehen und mehr zu tun für den «Oikos» (Oekologie), für «das Haus der Erde». Schliesslich soll es auch für Nachkommende lebensfroh weitergehen.
Ich wünsche uns allen segensreiche, lichtvolle Erfahrungen.
Pfr. Ueli von Känel